15. Januar 2024
Rubrik Oper
©Sebastian Runge
Einmal wie eine Prinzessin mit hohen Pumps über den roten Teppich schweben. Wer wünscht sich das wohl nicht? Aber was, wenn man dann doch nur daneben steht und mit dem filigranen Absatz im Kopfsteinpflaster stecken bleibt?
So geht es mir, als ich gerade kapriziös und erhobenen Hauptes rechts vom Teppich hinauf ins Berliner Konzerthaus am Gendarmenmarkt schreiten will.
Doch das hindert mich keinesfalls mein Krönchen wieder zu richten, aufzustehen und so, als wäre nichts gewesen, die nicht enden wollenden Treppen des imposanten Baus sicheren Schrittes emporzuschreiten und mich erwartungsvoll auf das bevorstehende Konzertereignis zu freuen.
Beim Voranschreiten auf der steilen Treppe, hinauf ins konzertante Glück, zähle ich exakt 29 Stufen, der imposanten Freitreppe, die mich direkt in die Vorhalle zum Großen Saal des Musentempels führen.
©Felix Löchner
©Felix Löchner
Noch einmal wende ich meinen Blick zurück in Richtung Treppenaufgang und entdecke die zwei am Fuße der Freitreppe auf jeweils einem Löwen und einem Panther thronenden Amoretten.
Karl Friedrich Schinkel hatte zwischen 1818 und 1821 ganze Arbeit geleistet, was die außenarchitektonischen Facetten des Gebäudes anbelangt.
Angelehnt an die griechische Antike fühlt man sich selbst ein wenig der Zeit entrückt und staunt umso mehr über den Prunk der innenarchitektonischen Vollkommenheit, die in Anlehnung an den Klassizismus, eine komplette Neuschöpfung darstellt.
Und was für eine: Im Großen Saal, der 1700 Sitzplätze fasst fällt mein Blick zuerst auf die 14 prächtigen Kronleuchter, die unter der mit aufwendigen Verzierungen versehene Kastendecke, den Konzertsaal mit seiner herausragenden Akustik in ein strahlend warmes Licht tauchen.
Kurz darauf sichte ich Büsten bekannter Komponisten. Es sind 38 an der Zahl: Darunter Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel, Béla Bartó und Dmitri Schostakowitsch, um nur einige Wenige beim Namen zu nennen.
Doch was könnte wohl beeindruckender sein, als die Dresdner Jehmlich-Orgel, die hoch über dem Saal auf das Bühnengeschehen herunterblickt.
1984 ließ sie erstmals ihren Klangkörper in voller tonaler Pracht erstrahlen. Mit 74 Registern, die verschiedenste Klangfarben und ein breites Repertoire von Barock bis in die Moderne ermöglichen, gilt das Instrument mit seinen 5811 einzelnen Pfeifen als die wohl repräsentativste Orgel Berlins.
©Sebastian Runge
©Sebastian Runge
Damit aber noch längst nicht genug: 2023 wurde im Konzerthaus Berlin die modernste Spielstätte eröffnet: Der Werner-Otto-Saal. Vom Kölner Architekten Peter Kulka entworfen, ist der Saal prädestiniert für zeitgenössische Konzerte und Musiktheateraufführungen. Dabei können insgesamt 132 Hubpodien unabhängig voneinander bewegt werden.
Doch die kleinste Aufführungsstätte neben dem Kleinen Saal, der akustisch für Kammerkonzerte genutzt wird, ist der Musikclub der 80 Zuschauerplätze fasst und vorwiegend für szenischen Produktionen, Lesungen und Kindervorstellungen genutzt wird.
Überhaupt ist im Konzerthaus Berlin eine ganze Menge musikalischer Vielfalt los.
©David von Becker
Ob es nun die Expeditionskonzerte der Generalmusikdirektorin Joana Mallwitz sind, die ihr Publikum am Klavier in die großen Werke der bekannten Komponisten einführt oder aber die "Mittendrin-Konzerte mit Iván Fischer, bei denen das Publikum im Parkett in Orchesternähe wirklich ganz mittendrin sitzt: All das ist im Konzerthaus Berlin möglich.
Schließlich ist der kulturelle Anspruch, ein Konzerthaus für alle Berliner und darüber hinaus zu sein.
Letztendlich spiegelt sich genau das auch in den unzähligen musikalischen Angeboten wider. Dass dabei die zeitgenössische Musik nicht außer Acht gelassen wird, zeigt sich in den "Espresso-Konzerten", die von ausgezeichneten Nachwuchskünstlern gestaltet werden.
Dass bei einer Mozart-Matinee eine musikalische Kinderbetreuung an der Tagesordnung steht und öffentliche Proben tatsächlich zum Probenalltag des Konzerthauses gehören, ist wirklich nicht selbstverständlich, aber im Programm des erlauchten Musentempels fester Bestandteil, ebenso wie die Zusammenarbeit mit der "Freien Szene", die sich in verschiedensten Stilrichtungen übt und nicht, wie man vielleicht meinen könnte, genau deswegen außen vorgelassen wird.
Sehr löblich, was das Berliner Konzerthaus so alles auf die Beine stellt und dabei so offen für sein Publikum bleibt.
"Oper für alle", das Berliner Konzerthaus zeigt, wie es geht!