Und es leuchten die Sterne, wenn Intendant Jonas Kaufmann den Tiroler Festspielen Erl zu neuem Glanz verhilft

27. April 2024

Rubrik News

©Nicole Hacke / Operaversum Magazin

Am 1. September 2024 ist es endlich so weit. Jonas Kaufmann, der designierte Intendant der Festspiele Erl, wird mit einem überraschend vielseitigem Programm-Mix und internationalem Opernstar-Aufgebot eine nie gekannte dynamische Entwicklung in das futuristische Festspielhaus Erl bringen, das inmitten einer paradiesischen Landschaft musikalischer Schauplatz für alle Sinne ist.

 

Und genauso fühlt es sich auch an, als ich vorbei an grünen Wiesen und herrlichen Bergpanoramen den avantgardistischen Bau über eine imposante, steil aufragende Treppe betrete.

 

Von Nicole Hacke

 

Wie ein abstrakter Fels, der schon von Weitem stolz und konturiert aus dem lauschigen Tal herausragt und eine ungewöhnliche Facette in die malerische Landschaft haut, so imposant zeigt sich der puristische Monolith des Baulöwen Hans-Peter Haselsteiner, der seiner Heimat damit ein Kulturdenkmal der Superlative gesetzt hat.

 

Hochmodern und mit einer Akustik ausgestattet, von denen Förderer der Festspiele Erl in den höchsten Tönen zu schwärmen wissen, beeindruckt der architektonische Minimalismus, der sich besonders im Foyer zu Buche schlägt und einen offenen, großzügigen und lichtdurchfluteten Raum offenlegt.

 

Durch bodenlange Panoramafenster schweift der Blick in das satte grüne Tal hin zu den pittoresken Bergketten, die Lust auf Natur pur machen.

 

Anders als an den meisten Festspielstandorten, die in belebten Ballungszentren verortet sind, befindet man sich im Alpendorf Erl im Herzen einer unverbrauchten Naturlandschaft, in der die Musik wahrhaft aus der Kraft der Stille schöpfen kann.

 

©Tiroler Festspiele Erl

Genau diese Komponente muss es wohl auch gewesen sein, die den Opernstar Jonas Kaufmann in seiner neuen Funktion als Intendant dazu bewegt hat, das Projekt der Festspiele Erl auf ein Podest der Möglichkeiten zu erheben, die sich aus dem Alleinstellungsmerkmal der faszinierenden Naturkulisse speisen.

 

Natur und Stille, den Alltag ablegen, Genießen und dabei Kultur ohne störende Außeneinflüsse gustieren:

 

Auf die Frage, was wohl das Lockmittel für die international renommierten Künstler, die der neue Intendant für die Festspiele verpflichten konnte, gewesen sei, antwortet der wie aus der Pistole geschossen und sichtlich humoristisch aufgelegt:

 

Die Berge!

 

Berge hin, Berge her! Kaufmann versetzt wahrlich Berge, denn sein Programm für die vier Saisonen (Erntedank, Ostern Sommer und Winter) klingt außerordentlich vielversprechend. Ob Kammermusikalisches, Belcanto, Volksmusik, Oper, Barock oder gar zeitgenössisches Repertoire, in Erl ist für jeden Musikgeschmack etwas Passendes dabei.

 

Und passgenau soll es auch sein, denn die Devise lautet, weiterhin für das lokale Publikum Theater zu machen. Was für ein Theater das sein wird, lässt sich der charismatische Tenor im Verlauf der Pressekonferenz ganz genüsslich auf der Zunge zergehen.

 

©Nicole Hacke / Operaversum Magazin

Es fallen peu à peu Namen von Rang: Luca Salsi, Ludovic Tézier, Lise Davidsen und unter anderem René Pape, alles Sängerkollegen, die mit Jonas Kaufmann die großen Opernbühnen der Welt gerockt haben und von denen sich der ein oder andere ganz bestimmt auch als Kaufmanns Spezi bezeichnen kann.

 

Wie gut, dass gesunde Seilschaften eine so exklusive Auswahl bekannter Künstlerpersönlichkeiten ermöglichen. Hans-Peter Haselsteiner, der Präsident der Festspiele Erl, muss doch im Stillen frohlocken, ob der äußerst positiven Entwicklung, die durch Kaufmanns gute Verbindungen zum Sängerolymp, nun eine internationale Elite nach Erl bringt.

 

Aber halt! Dass es bloß nicht heißt, aus Erl würde nun ein Anziehungspunkt für internationales Publikum, das sich das Tiroler Kleinod als regelmäßige Gig-Tripping-Location auserkoren hat.

 

In der Wahrnehmung soll Erl sich als renommierter Festspielstandort zwischen Salzburg und Bodensee etablieren und Aufmerksamkeit auch über die österreichischen Grenzen hinaus erregen.

 

Ob der Wunsch, ein exklusiver Kulturort für "Locals" zu bleiben, aufgeht, sei allerdings dahingestellt. Vielversprechend klingt in jedem Fall der künstlerische Anspruch, den Kaufmann an sein abwechslungsreiches Programm erhebt.

 

So sollen sich klassische Opernwerke in modernen Regieinterpretationen wiederfinden, zeitgenössische Produktionen den Anspruch erfüllen, Emotionen transportieren zu können.

 

Dabei dementiert Kaufmann, dass er sich jemals gegen die moderne Regie ausgesprochen hätte. Das Gegenteil sei der Fall.

 

Offen für progressive Ansätze brauche es eine gute Mischung aus Alt und Neu, so Kaufmann. Dabei sei es immens wichtig, neue Musik für Emotionen zu schreiben und sich ein Regieverständnis zu eigen zu machen, das den Werkgedanken des Komponisten stütze.

 

©Nicole Hacke / Operaversum Magazin

Und so halten in der neuen Spielzeit 2024/2025 durchaus umstrittene Opernregisseure Einzug in das alpenländische Festspielhaus: Mit Calixto Baito, dem Enfant Terrible des modernen Regietheaters und Claus Guth, wagt Jonas Kaufmann einen kulturellen Salto mortale, dessen doppelter Boden mit der Klasse seiner hochrangigen Interpreten steht oder fällt.

 

Ein Garant für Gelingen gibt es in der Kunst sowieso nicht. Schließlich ist sie frei, kreativ und lässt sich daher auch nicht in ein Korsett der gefälligen Konventionen zwängen.

 

Dass Kaufmann experimentell, innovativ und durchaus progressive Ideen verfolgt, zeigt auch seine dem weiblichen Regietheater zugewandte Offenheit und die von ihm gewertschätzte weibliche Betrachtungsweise auf Interpretationsspielräume.

 

Als Casting Direktor zeichnet der Grieche Ilias Tzempetonidis als künstlerischer Berater für die Nachwuchsentdeckung verantwortlich und steht Jonas Kaufmann mit seiner untrüglichen Nase für herausragende Talente im Expertenteam zur Seite.

 

Gemeinsam wollen sie Erl zu einem Ort höchster musikalischer Qualität machen.

 

©Nicole Hacke / Operaversum Magazin

Unerwartet auch die Besetzung des neuen Chefdirigenten Asher Fisch, mit dem Erl sich einen international renommierten Mann ans Dirigentenpult holt.

 

Was diese internationale Neuausrichtung den Opernliebhaber wohl perspektivisch kosten mag?

 

Auf einer soliden Finanzierung fußend und dennoch an die gestiegenen Verbraucherkosten angepasst, werden nun auch die Ticketpreise in Erl eine moderate Teuerung erfahren.

 

Was Jonas Kaufmann sich als Intendant für sein Parsifal- Engagement zahlen wird, steht aktuell noch in den Sternen.

 

Er wird es sicherlich gut mit sich verhandeln.

 

Und dass er mit Weltstars von Format Erl nun die Sterne vom Himmel holt, steht definitiv außer Frage. Leuchtend werden sie in die Welt strahlen, Aufmerksamkeit erregen und den kleinen Ort in Tirol zu begehrenswert neuem Glanz verhelfen.

 

Überzeugt und um viele Inspirationen reicher verlasse ich nach einem anregenden Pressetalk diesen idyllischen Ort, der wahrlich ein höchst einzigartiger Solitaire ist und wohl auch ein Sehnsuchtsort musikalischer Hochgenüsse wird.


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