19. Januar 2024
Rubrik Oper
©Gstaad Menuhin Festival / Melanie Uhkoetter
Die Menschheit befindet sich ständig in Prozessen der Transformation, denn sonst würden wir noch heute in Höhlen hausen“, sagt Artistic Director Christoph Müller zum Programmschwerpunkt 2024 von Gstaad Menuhin Festival & Academy. Unter dem Motto „Transformation“ steigt das international bekannte Festival ein ins zweite Jahr des dreijährigen „Wandel“-Zyklus.
„Was sich verändern soll, muss transformiert werden“, erläutert Müller seine Gedanken:
„Transformation setzt Kräfte frei, vorhandene Energien werden umgewandelt und als neuer Ausdruck transformiert genutzt.“
Solch transformatorische Energien in musikalische Zusammenhänge zu stellen, hat sich die 68. Edition von Gstaad Menuhin Festival & Academy (12. Juli bis 31. August 2024) in über 60 Konzerten zum Ziel gesetzt. In „Trans-Classics“ etwa testet das Festival inhaltlich wie örtlich neue Formate, überwindet Grenzen zwischen den Stilen.
©Christoph Müller - Adrian Moser
Da tanzen Breakdancer zu Mozart, auf Bach und Vivaldi treffen die Beatles, DJ-Events sind ebenso dabei wie ganz neu Konzerte hoch auf dem Berg Eggli, nahe den spektakulärsten Gipfeln. Zudem stehen die Themen „Trans-zendenz“ und „Trans-Mission“ im Fokus des facettenreichen Programms.
Mit dabei: Ein Line-up aktueller Stars. Etwa Julia Fischer als Artist in Residence, Jonas Kaufmann, Yuja Wang und Daniel Hope, aber auch Hélène Grimaud, die für drei Konzerte in Gstaad bleibt, und das London Symphony Orchestra.
Zwei neue „Music for the Planet“-Konzerte, konzipiert aus Musik, Text und Bildern – einmal von Patricia Kopatchinskaja, einmal von Anastasia Kobekina – sollen aufrütteln.
Ganz im Sinne der „Mission Menuhin“, mit dem das Festival weiter das Ziel einer nachhaltig-ressourcenschonenden Durchführung verfolgt, etwa mit Anreizen für eine klimaneutrale Anreise.
©Felix Broede
©Gregor Hohenberg
Die vitale Kraft der Veränderung ist für Christoph Müller auch für den Umbruch in der Klassikwelt essentiell: „Ich wage die These in den Raum zu stellen, dass es in zehn Jahren keine reinen Klassikfestivals mehr geben wird“.
Neue Publikumsschichten und nachrückende Generationen hätten andere Ansprüche ans Live-Erlebnis. „Sie wollen durch Musik gestreichelt, angeregt, herausgefordert, aber auch unterhalten werden.“ Ergo heißt es 2024 in Gstaad:
Raus aus klassischen Konzertformen, aus immergleichen Routinen. Die mitwirkenden Stars haben sichtlich Vergnügen an kreativen Programmen, mischen Genres, Stile, Epochen und gehen neue Wege in Ausdrucksform und Interpretation. So beleuchtet etwa Daniel Hope mit dem Zürcher Kammerorchester Tanzmusik als universelle Sprache und Hiromi Uehara überschreitet die Grenzen zum Jazz.
Für Ihr Festival-Debüt haben sich sowohl Jazz-Akkordeonist Richard Galliano als auch der Barock-Shootingstar Lea Desandre Ungewöhnliches ausgedacht: Der eine bringt das französische Flair von Musette und Chansons zusammen mit Jazz, die andere setzt Werken von Dowland und Purcell Bob Dylan und die Beatles entgegen.
©Julia Altukhova
©Gstaad Menuhin Festival Orchestra-Sol Gabetta / Raphael Faux
Dass sich das Festival ebenso selbst transformiert, zeigen vier neue Freiluft-Konzerte beim Berghaus Eggli, die „Mountain Spirit“ nahe der spektakulärsten Gipfel erleben lassen.
Vom Sonntagsbrunch mit vier Celli auf der Alp bis zum Nachtkonzert unterm Sternenhimmel auf 1500 Höhenmetern, zu dem die Blechbläser des Gstaad Festival Orchestra passend eine Version von Holsts „Planeten“ spielen.
Dem Konzert des Vision String Quartet mit Schostakowitsch, Jazz, Folk & Improvisationen folgt erstmals ein Electronic Music Event mit DJ & E-Violinist Seth.
Übrigens war es genau die unberührte Natur, die Yehudi Menuhin dazu brachte, Gstaad als Wahlheimat zu küren und 1957 hier Gstaad Menuhin Festival & Academy zu gründen. Noch heute nutzen Fans aus aller Welt die Chance, Konzert-, Natur- und Wandererlebnisse zu verbinden.
©Mark Allen
Auf „Trans-zendenz“ setzt das Eröffnungskonzert mit dem Collegium Vocale Gent und der Camerata Salzburg unter Philippe Herreweghe mit Schuberts „Unvollendeter“ und seiner Messe Nr.5 (12. und 13. Juli 2024). Trans-zendent und schillernd vielfältig zeigt sich Artist in Residence Julia Fischer in ihren Konzerten von „Verklärter Nacht“ bis zu den „Metamorphosen“– nicht nur an der Violine, sondern sogar am Klavier.
Doch auch „Trans-Mission“ darf als Facette im Programm 2024 nicht fehlen: Das Weiterreichen und Übertragen von Wissen und Erfahrung lebt das Festival seit Jahren im Sinne des Festivalgründers in den vielfältigsten Akademien. Sol Gabetta greift das Thema musikalisch auf.
Mit einem Programm von Werken für Lisa Cristiani, die heute vergessene erste solistisch tätige Cellistin des 19. Jahrhunderts. Und nicht zuletzt ist ein Weltstar, der sich auf Festival-Podien rarmacht, 2024 ganze zehn Tage und drei Konzerte in Gstaad zu Gast:
©Mat Hennek
Hélène Grimaud zeigt sich mit einem Recital, beleuchtet in einem Orchesterkonzert mit dem Kammerorchester Basel Werke von Fanny Mendelssohn sowie Emilie Mayer und gestaltet gemeinsam mit dem Bariton Konstantin Krimmel einen Liederabend. Weil Gstaad neben vielen intimen Formaten auch für die große Sinfonik im Festival-Zelt steht:
Das London Symphony Orchestra ist zweimal zu Gast mit Sir Antonio Pappano, mit Mahler und Holst. Janine Jansen huldigt Mendelssohn, Jaap van Zweden dem Bruckner-Jahr mit der „Siebten“ und dem Gstaad Festival Orchestra, das ebenso wichtiger Partner der in diesem Jahr 10. Gstaad Conducting Academy ist.
Als Ausflug in die große Oper gibt es schließlich den zweiten „Tristan“- Aufzug mit Jonas Kaufmann und Camilla Nylund, womit Gstaad Menuhin Festival & Academy die 2023 erfolgreich gestartete Kooperation mit dem Festspielhaus Baden-Baden (25.8.) fortsetzt.
Quelle: Barbara Angerer-Winterstetter, pressegroup (www.pressegroup.com)