19. Februar 2024
Rubrik Oper
©Melanie Uhkoetter
Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, dann muss der Berg eben zum Propheten kommen. Oder wie im Fall des Gstaad Menuhin Festivals zu den Liebhabern der klassischen Musik. Auf über 1500 Höhenmetern testet das beliebte Schweizer Dörfli einen von vielen neuen Wegen in eine progressiv gerichtete Musikzukunft.
Von Nicole Hacke
Ob inhaltlich oder örtlich, einmal ganz auf links gekrempelt, zeigt der kleine Kulturort, umrahmt von saftigen Blumenwiesen und einer märchenhaften Landschaftskulisse, dass die Überwindung von musikstilistischen Grenzen Raum und Möglichkeiten für Neues schaffen kann.
Die Schlüsselthemen Transformation und Transzendenz präsentieren sich dabei bewusst experimentell, denn mit "Classic meets Pop" wird nur einer von vielen Ansätzen gefahren, die klassische Musik einem jüngeren Publikum schmackhaft zu machen.
Und so werden in diesem Jahr erstmals Vivaldi auf die Beatles sowie Mozart auf Breakdance treffen. Gewagt, gewagt. Nur wer nichts wagt, der nichts gewinnt.
Auch DJ-Events, Jazz, Folk und Improvisationsformate krönen das bislang rein klassisch ausgerichtete Festival musikalisch, ordnen es neu und reichern es mit vielen interessanten "Cross-over" Facetten an.
Raus aus den konventionellen Konzertformaten und rein in eine Erlebniswelt, die Natur, Kulturvielfalt und Genuss elegant auf einen Nenner bringt. Es sind, um genau zu sein, Erlebniskonzepte, die bei Jung und Alt gleichermaßen Begehrlichkeit wecken sollen.
Genau aus dem Grund ruft in Gstaad das Naheliegendste, nämlich der Berg. Der auf 1557 Höhenmeter gelegene Hausberg Eggli verspricht Wanderlustigen und Erlebnishungrigen eine verlockende Panoramaschau bei untermalender Musikbegleitung.
Stilvolles Brunchen im Bergrestaurant oder direkt auf der Sonnenterrasse in luftiger Höhe: Die Lust dabei auch Konzertgenuss zu gustieren kann bedenkenlos exponentiell steigen.
©Adrian Moser
Es klingt auf jeden Fall gediegen, edel und besonders, einzigartig und unvergesslich, etwas, das man niemals alle Tage erlebt.
Denn genau an diesem höhenrauschintensiven Ort, an dem der Himmel keine Begrenzung kennt, Bäume problemlos in ihn hineinwachsen können, wird auch die Nacht zu später Stunde in funkelnde Romantik getaucht.
Planetarischen Zauber versprühend, träumt man sich die Sorgen weg und lebt, ja erlebt das Menschsein mit geschärften Sinnen inmitten einer naturgewaltigen Ruhe, die man innigst genießt und hungrig in sich aufsaugt.
Während Cross-over-Formate musikalischen Wandel evozieren, durchlebt man selbst die eigene Transformation abseits der lärmenden Zeit. Erfrischt, regeneriert, beinahe transzendiert versteht man schnell, welch großartige Idee die kontextuelle Verquickung von Musik und Natur mit sich bringt.
Was für ein purer, unverfälschter Genuss, der die Sinne anspricht und wirklich aus allen Poren Erlebnis schreit.
Wie wäre aber ein so geniales Konzept doch unvollständig, kämen nicht noch die renommierten Künstler von Rang und Namen hinzu, die virtuos ihr Übriges zum fulminanten Gelingen eines solch hochangelegten Projektes beitragen?
©Gstaad Menuhin Festival
Die Rede ist von "Artist in Residence" Julia Fischer (sowohl an der Geige als auch am Klavier), Cellistin Sol Gabetta, Pianistin Hélène Grimaud, Dirigent Sir Antonio Pappano, Tenor Jonas Kaufmann und Sopranistin Camille Nylund, um nur einige zu nennen.
Die Crème de la Crème der klassischen Musikbranche, sozusagen!
Abgerundet durch die "Mission Menuhin", mit der das Festival innovative Anreize zur klimaneutralen Anreise schaffen will, sollen präferiert Bahnreisen den Co2 Fußabdruck nachhaltig schmälern.
Nur so kann Gstaad als einzigartiges Idyll musikalische Vielfalt leben.