17. September 2022
Rubrik Style-to-Opera
©Nicole Hacke / Operaversum
Für gewisse Dinge im Leben braucht es nichts anderes als Stil und eine Prise Attitüde. Nur sind diese Dinge nicht mal so über Nacht zu erlernen. Man hat beide entweder gleich mit der Muttermilch aufgesogen oder sie bleiben einem ein ganzes Leben lang verwehrt.
Als ich die kleine, leicht zu übersehende Boutique im ersten Bezirk von Wien betrete, spüre ich sofort, dass in diesen vier plüschigen, pudrigen Wänden etwas ganz besonderes verborgen liegt.
Aus den Augenwinkeln nehme ich Kopfbedeckungen in allen nur erdenklichen Farben wahr und stelle, nachdem mein Blick etwas eingehender über die Regale wandern konnte, mit Erstaunen fest, dass es sich dabei weder um Strickmützen, noch um Hüte, sondern um Turbane handelt.
Wie bitte? Turbane? Jetzt bin ich doch sehr überrascht. So etwas hätte ich tatsächlich nicht erwartet. Turbane! Wann hat man die noch mal zuletzt getragen?
©Nicole Hacke / Operaversum
©Nicole Hacke / Operaversum
Sogleich schießt mir aus der Erinnerung das Bild meiner Turban tragenden Mutter in den Kopf. Gut dreißig Jahre ist das her und ich weiß bis heute ganz genau, dass es sich dabei um einen dunkelbraunen, mit Seide gefütterten Turban handelte, den meine Mutter immer sehr elegant kombinierte und mit der gehörigen Portion Nonchalance zur Schau trug.
Sie brachte mich damit sogar zur Schule, kaufte damit ein oder trug ihn stolzen Hauptes damit einfach zum Bummeln und Shoppen in die Stadt aus.
Eine Filmdiva war sie nicht! Aber das musste sie auch gar nicht sein. Sie hatte einfach Stil und war eine kapriziöse Erscheinung per se.
Nun gut! Damals war die Modewelt auch irgendwie noch anders. Viel eleganter waren die Zeiten, von denen man aktuell rein gar nichts mehr spürt.
Eher als verstaubt und antiquiert würde man den Turban wohl mehr zum Auslaufmodell längst vergangener Tage degradieren.
©Nicole Hacke / Operaversum
©Nicole Hacke / Operaversum
Doch die Rechnung habe ich scheinbar ohne die Designerin, Blanka, gemacht. Wie Sie da so plötzlich vor mir steht, mit einem strahlenden selbstbewussten Lächeln auf den Lippen und einem Style, der einzigartig, aber zugleich total trendbewusst auf mich wirkt.
Und sie trägt ihre eigene Turban-Kreation auf dem Kopf und sieht ungelogen einfach umwerfend damit aus.
Auch Blanka hat eine Geschichte zu erzählen. Bei ihr war es die Großmutter, die sich vorbildlich elegant und in einem eigenen, vielleicht auch eigensinnigen Stil kleidete.
Und da Turbane zur Garderobe der älteren Dame immer dazugehörten, färbte diese Leidenschaft auch irgendwann auf Blanka ab und sie begann ihren regulären Job an den Nagel zu hängen, um sich voll und ganz dem Entwerfen und Schneidern der orientalischen Kopfbedeckungen zu widmen.
Fünf Jahre ist das her und seit 2 Jahren führt sie erfolgreich ihr eigenes kleines Geschäft in Wien, in dem ich nun ganz gespannt darauf warte, auch mein Haupt mit einem von Blanka´s Turbanen zu
krönen.
©Nicole Hacke / Operaversum
©Nicole Hacke / Operaversum
Immer noch zweifelnd greife ich zögerlich nach einem Modell aus Wolle, das mit glänzend feinen Lurexfäden durchzogen ist und ausgesprochen modisch aussieht.
Bevor ich überhaupt noch Bedenken anmerken kann, stülpt mir Blanka bereits mit flinken und geschickten Fingern den Turban über meinen Kopf. Er sitzt, auf Anhieb, und wie! Wow, denke ich!
Der sieht ja toll an mir aus. Was für eine Erscheinung. "Bin das wirklich ich?" Zustimmend nickt Blanka mir zu. "Wie geht das?"
Nie haben mir Turbane gestanden, Hüte ja, aber auch nicht alle. Nur Turbane, die waren ein absolutes No-Go für meine Kopfform, schon immer.
Dieser aber sitzt perfekt. "Wie geht das?", frage ich noch mal. Die Antwort liegt klar auf der Hand. Spezialisiert auf das Design und die Verarbeitung unterschiedlichster Materialien, werden alle Turbane in Handarbeit gerafft und finalisiert.
Der letzte Schliff wird jedem Modell also mit liebevollem Fingerspitzengefühl manuell verpasst.
©Nicole Hacke / Operaversum
©Nicole Hacke / Operaversum
Das Geheimnis liegt also in der guten, soliden Wertarbeit, die man in der massenindustrialisierten Modebranche kaum noch findet. Und somit erklärt sich auch ganz von selbst, warum diese formschönen Kreationen wahrscheinlich jedem Charakterkopf schmeicheln.
Doch eines ist unerlässlich beim Tragen so eines Turbans: Es braucht Klasse, Stil und wie Blanka so schön sagt: "You need to have attitude!" Habe ich und deshalb werde ich fortan auch Turban tragen, insbesondere für den großen Auftritt in der Oper!