Salzburger Mozart-Matinee: viel Jubel und ein Halleluja für die großartige Nikola Hillebrand

06. August 2023

Rubrik Konzert

©Marco Borelli / Salzburger Festspiele Mozart Matinee

Halleluja ertönt es aus dem jüngst renovierten Großen Saal des Mozarteums in Salzburg, der mit frischem Glanz aus allen Winkeln und Ecken, von Fassaden und Decken in güldener Barockpracht erstrahlt.

 

Aufgeregtes Treiben, Getuschel, Vorfreude und eine heitere Beschwingtheit dringen dabei durch die Sitzreihen des Auditoriums. Nur meine Vorfreude scheint leicht gedimmt zu sein, denn mit der Doppelbesetzung meines Sitzplatzes schwimmen mir schweißtreibende Felle davon. 

 

Wo soll ich mich, wo doch so schön gesungen wird, jetzt niederlassen? Kurz vor knapp löst sich das Problem jedoch in Wohlgefallen auf, so wie der im Wasser ertränkte Salzburger Schnürlregen, der im Laufe des Vormittags der Musik den Vorrang lässt. Und so nimmt denn alles seinen musikalisch unaufhaltsamen Lauf.

 

Als der Dirigent Robert González-Monjas die Bühne betritt, wird es sogleich mucksmäuschenstill, die Spannung steigt und alles lauscht gebannt und mit uneingeschränkter Aufmerksamkeit den ersten tonalen Klängen, die sich raumgreifend und mit hoheitsvoller Noblesse den prächtigen Saal just in der Sekunde erobern.

 

©Marco Borelli / Salzburger Festspiele Mozart Matinee

©Marco Borelli / Salzburger Festspiele Mozart Matinee

Ist das wirklich die Musik von Wolfgang Amadeus Mozart? Humoristisch, unbekümmert und heiter?

 

Viele Werke des Lebemannes, der als Wunderkind gehypt überwiegend Unterhaltsames komponierte, zeigen, dass die Bandbreite Mozarts schöpferischer Ader von frohgemutem Belcanto bis hin zu geistlicher Ernsthaftigkeit reichen konnte.

 

Doch bei all dieser Ernsthaftigkeit dringt immer wieder der Wunderknabe mit dem Schalk im Nacken durch. Und so jubiliert es fröhlich aus der andachtsvollen Kirchensonate für Orchester und Orgel, die sich eines ganz besonderen Dirigats erfreuen darf: Roberto González-Monjas versteht sein Handwerk wirklich ausgezeichnet.

 

Farbenreich und mit eleganter Taktstockführung entsteht so ein durch und durch differenziertes Dirigat, das einen äußerst feinen, aber dennoch voluminösen orchestralen Klangteppich zutage treten lässt.

    

©Marco Borelli / Salzburger Festspiele Mozart Matinee

Authentisch wirkt die Musik Mozarts insbesondere dadurch, dass die Originalorchesterbesetzung entsprechend den jeweiligen Werken strikt eingehalten wird.

 

Und so entsteht gleich nach der ersten Kirchensonate ein "Bäumchen-wechsel-dich-Spiel", das eine neue Instrumentalbesetzung auf den Plan ruft.

 

Es treten ab und treten auf, vor allem die Oboen, Hörner und Streicher sind im eingeschobenen Rezitativ von instrumentaler Bedeutung, ebenso wie die junge Sopranistin Nikola Hillebrand, die den gesanglichen Löwenanteil des konzertanten Vergnügens bestreitet.

 

Und wie sie das tut: Ihre Stimme ist ein absolut vollmundiger Genuss. Ihr Erscheinungsbild und die Aura, die sie versprüht, deckungsgleich mit dem, was ihr Vokalinstrument zu transportieren vermag.

 

Engelsgleich und mit zauberhaften Klangfarben durchwirkt, strömt es gleichmäßig, ruhig und mit einer hypnotischen Wirkkraft aus ihr heraus. 

 

©Marco Borelli / Salzburger Festspiele Mozart Matinee

Das "Exsultate, jubilate" klingt so leicht dahingeduftet, schwerelos und flügelverleihend, dass man schnell vergisst, wie äußerst schwierig die Mozartpartien zu singen sind.

 

Doch Nikola Hillebrand trällert koloratursicher ihre drei Arien in den auditorischen Orbit, verzaubert ganz augenscheinlich ihr Publikum und erntet bereits nach diesem ersten gesanglichen Einsatz einen so fulminanten Applaus, dass man meinen könnte, es handele sich bereits um den Schlussapplaus.

 

Doch erst nach dem "Regina coeli" für Sopran, gemischten Chor, Orchester und Orgel C-Dur KV 108 (74d) erfährt der Applaus eine nahezu erdbebenhafte Steigerung.

 

Es ist aber auch zu schön, um wahr zu sein: Nikola Hillebrand lebt mit jedem verstreichenden Ton immer mehr in der Musik auf. Biegsam, geschmeidig und fließend wie goldener Honig, mit irisierenden Farben besetzt und einem zart schmelzenden Timbre: Diese Stimme ist groß, einzigartig, betörend und balsamisch.

 

Und sie kann eben nicht nur die achterbahngleichen Koloraturen, sondern auch die feinen, legatosatten Linien, die sich steigerungsintensiv in die exponiertesten Höhen lavieren, immer unangestrengt wirkend, frei fliegend und so strahlend hell und kristallklar, dass ein Gebirgsbach dagegen leicht eingetrübt wirken muss.

 

©Marco Borelli / Salzburger Festspiele Mozart Matinee

Aber auch die Mezzosopranistin Ema Nikolovska, der Tenor Maciej Kwasnikowski und der Bass Tareq Nazmi bestechen mit ausdrucksstarkem und höchst virtuosem Gesang, der eindrucksvoll ins Auditorium dringt und zusammen mit Orchester und Chor eine unschlagbar rauschhafte Einheit bildet.

 

Mit der "Krönigsmesse", der Missa in C-Dur KV317, wird tatsächlich ein absolut krönender Höhepunkt der Mozart Matinee erreicht. Explosive Klangergüsse, überwältigend, irisierend und aufs Publikum überschwappend wie eine große Welle:

 

Man kann sich einfach nicht gegen die Macht der Musik erwehren, die manchmal monumental, immer vereinnahmend und meistens emotional so sättigend ist, dass man für den Rest des Tages um sein Seelenwohl nicht fürchten muss.

 

Was für ein zauberhafter Vormittag, denn selbst mit Regen hing doch der Himmel voller Geigen!


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