25. Dezember 2022
Rubrik Konzert
©Ben Pfeifer / ZDF
Aller guten Dinge sind drei, denn nun schon zum dritten Mal in Folge weihnachtet es sehr mit dem Tenor der Tenöre.
Was noch im letzten Jahr lauwarm und halbseiden auf dem Gabentisch einer höchst geschmacksverirrend zusammengewürfelten Weihnachtsshow des ZDF landete, mausert sich just am 24. Dezember 2022 in der idyllisch gelegenen St. Annenkirche im Erzgebirge zu einem wahrhaft musikalisch stilvollen Weihnachtspotpourri mit Staraufgebot.
Weniger aufgesetzte Showmasterei, dafür umso passendere Gäste, die uns dieses Mal mit einer zum Genießen feinen Liedauswahl den Mund mit kirchlichen und weltlichen Weihnachtsweisen wässrig machen.
Und auch Startenor Jonas Kaufmann knüpft als Entertainer mit seiner eloquenten Anmoderation dort an, wo er noch 2020 im österreichischen Oberndorf mit einer mehr als überzeugend beseelten "Heile-Welt-Stimmung" viele Pluspunkte sammeln konnte.
Mit weihnachtlichem Zauber untermalt - im atmosphärisch besinnlichen Lichterglanz - leuchtet es warmgolden aus allen Winkeln und Ecken der prächtigen St. Annenkirche im beschaulichen Annaberg-Buchholz.
"Es ist ein Ros entsprungen", tönt es sodann aus des Tenors güldener Kehle. Dass sich aber an diesem Abend bloß die Lippen des Sängers bewegen, lautlos und nur zum trügenden Schein, ahnt man nicht wirklich. Doch für das Fernsehen muss alles perfekt über die Playback-Boxen zum fehlerfreien Schallen gebracht werden.
©Ben Pfeifer / ZDF
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Als ob der Profi das nicht Live und unplugged hätte bewerkstelligen können? Was soll´s! Der schöne Schein will auch mal glänzen.
Und so spielt das Playback ebenfalls für den überaus sonoren Bassisten René Pape, der stimmgewaltig samt Chor für Maria den Dornwald zum Erblühen bringt. Schön klingt das, vor allem weil sich ein einzelner Sänger mit seiner inbrünstigen Stimmwucht gegen die Jungen- und Mädchenpower eines ebenso tonal aufbegehrenden Chores behaupten kann.
Kurz und bündig baut Jonas Kaufmann zu jedem Interpreten und seiner Gesangs- beziehungsweise Soloeinlage eine inhaltlich gehaltvolle Brücke, ohne dabei ins Schwafeln zu verfallen.
Der Mann ist effizient. 58 Minuten sollen schließlich auch mit musikalischem Leben gefüllt werden - und das bestenfalls nicht zu knapp.
Somit lernen wir - auf die wirklich knappe Zeit bemessen - einiges über das an diesem Abend zur Auswahl stehende Liedgut, steigen mit Herrn Tenor rein visuell in ein Bergwerk hinab und erleben junge Schüler beim Werkeln und Klöppeln in einer traditionellen Schule für Erzgebirgskunst.
Dass auch der handwerklich begabte Tausendsassa Kaufmann gerne mal Hand an das geschmeidige Holz anlegen möchte, verwundert nicht. Der Mann will es scheinbar in jeder kreativ-gestalterischen Hinsicht wissen.
©Ben Pfeifer / ZDF
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Ach, wie herrlich kann Weihnachten doch so manches Mal auch vor dem Fernsehbildschirm sein. Nachdem wir - zurück aus der Werkstatt - wieder in der Kirchenbank Platz nehmen, werden wir gleich im Anschluss an René Papes volltönenden Auftritt von der norwegischen Singer/Songwriterin Rebekka Bakken mit einem modernen Weihnachtssong verwöhnt.
"Kyrie eleison" heißt es im Refrain. Vorbildlich singt die kühle Blondine ihren Song und wirkt nicht einen Deut deplatziert neben der Riege der professionellen Opernstars.
Soviel Zeit muss dann aber doch noch sein - und zwar für einen kurzen Plausch mit der Sängerkollegin und guten Freundin Diana Damrau, die ihrem Tenorfreund gerne gesteht, dass sie sich eine stille Weihnachtszeit im Trubel der Geschäftigkeit sehr lobe.
Und so singt sie denn auch ein Lied, das wie die Faust aufs Auge passt: "Weihnachten muss leise sein".
Ganz sanft, andächtig und der Welt ein wenig entrückt, klingt es perlend fein und vokalreif in das Kirchenschiff hinein. Liebe Diana Damrau, ich bin begeistert.
Gerne können Sie mein Weihnachten auch ein bisschen leiser dimmen, denn hier, wo ich gerade das Fest der Feste feiere, tönt es immerzu 100 Dezibel laut an mein mittlerweile malträtiertes Gehör.
©Ben Pfeifer / ZDF
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Ich bin es langsam leid und wünsche mir ihre balsamische Stimme als Geschenk.
Doch wie das oftmals mit Geschenken so ist, bekommt man etwas anderes als das heiß und innig Herbeigewünschte unter den Gabentisch gelegt.
Mit Sophia verhält es sich so ähnlich. Als Tik-Tok-Queen mit 14 Millionen Clicks, sprengt die junge Songwriterin als Einzige den gediegenen Rahmen einer klassisch anmutenden Weihnachtsshow und ist ganz sicher nicht das, was man sich unter musikalischer Weihnachtsromantik vorstellt.
Da hilft auch kein Weghören. Irgendwie ist jetzt der Wurm drin. Wer knüpft nun musikalisch stilvoll wo wieder an und dreht den Bogen zurück zur klassischen Weihnacht?
Gott sei Dank gibt es noch zwei Ausnahmekünstler, die sich mit ihrer klassisch virtuosen Art sowohl am Flügel als auch am Cello international etabliert haben.
Alex Ffrench lotet am Klavier die Grenzen zwischen Klassik und Soul aus und verzaubert mit seiner fingerfertigen Art das andächtig lauschende Publikum.
Und auch der Cellosolist Sheku Kanneh-Mason gibt ein neu arrangiertes baskisches Weihnachtslied zum Besten und bereichert damit auf seine ganz eigene Weise das Potpourri international erklingender Weihnachtslieder.
©Ben Pfeifer / ZDF
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Dass man in Norwegen Lichter liebt und das Weihnachtsfest dort selbstredend ein Lichterfest ist, davon weiß Rebekka Bakken im Gespräch mit Jonas Kaufmann zu berichten. Ein Lied, das davon erzählt ist: "Nu tändas tusen julejus!"
Zusammen stimmen der Tenor und die Singer/Songwriterin mit der angenehm kühlen Ausstrahlung dieses wunderschöne traditionelle Weihnachtslied an.
Dazwischen hören wir noch viele weitere Weihnachtshits und erleben Jonas Kaufmann schwelgerisch und mit leuchtenden Augen über den Weihnachtsmarkt in Annaberg-Buchholz schlendern.
Ganz zum Schluss der Sendung, wie könnte es wohl auch anders sein, klingt und tönt es wundermilde in die eisig kalte Nacht hinaus: "Stille Nacht, heilige Nacht" - das Lied der Weihnachtslieder wird von Jonas Kaufmann und seinen Sängerkollegen angestimmt.
Während der Abspann bereits sämtliche Namen aller an der ZDF-Produktion beteiligten "Akteure" einblendet, freue ich mich, in fernen südeuropäischen Gefilden, eine so schöne Sendung miterlebt haben zu dürfen. Denn nicht überall auf der Welt wird Weihnachten so inniglich und musikalisch einzigartig gefeiert wie eben in meiner Heimat.
Und dieses Mal haben Herr Kaufmann und seine Gäste dabei ganze Arbeit geleistet.