Nikola HIllebrands überwältigendes Debüt zum krönenden Abschluss des Leeds Lieder Festivals

02. Mai 2022

UNAUFGEFORDERTE WERBUNG

©LeedsLieder Festival / Nikola Hillebrand & Joseph Middleton

Liederabende sind, seit ich sie zum ersten Mal vor einigen Jahren live erleben durfte, die musikalisch intimsten Ereignisse, die anders als das tragödienreiche Musiktheater, deutlich tiefer und ergreifender in der Seele des Hörers nachwirken können.

 

Je authentischer und unverwechselbarer sich nämlich die jeweiligen Sängerdarsteller der Interpretation tonmalerischer Dichtungen hingeben, umso persönlicher, lebendiger und gehaltvoller kann sich so ein Liederabend tatsächlich gestalten.

 

Wohl aus diesem Grund und auch aus purer Leidenschaft zu dieser einzigartigen Musikgattung gründete Jane Anthony 2004 ihr Leeds Lieder Festival und begeistert seitdem ein enthusiasmiertes Publikum mit einem mehr als international renommierten Solistenaufgebot.

 

Die exquisite Programmauswahl des viertägigen musikalischen Events liest sich vielversprechend und stellt zur großen Freude sogar einer breiteren klassikbegeisterten Masse digital abrufbare Live-Streams kostenfrei über Youtube oder über die hauseigene Website zur Verfügung - so auch zum krönenden Abschluss des Festivals just am 1. Mai 2022.

 

©LeedsLieder Festival / Nikola Hillebrand & Joseph Middleton

©LeedsLieder Festival / Nikola Hillebrand & Joseph Middleton

©LeedsLieder Festival / Nikola Hillebrand & Joseph Middleton

Zusammen mit dem britischen Pianisten Joseph Middleton debütiert die deutsche Sopranistin Nikola Hillebrand an diesem Abend im Howard Assembly Room mit einer mehr als interessanten Programmauswahl exquisiter Schubert, Brahms und Strauss Lieder.

 

Haute Couture im musikalischen Gewand mit tondichterischen Kreationen, wie man sie in dieser Kompilation nicht allzu oft hört, werden mit Joseph Middleton und Nikola Hillebrand zu einem absoluten Hochgenuss der Gefühle.

 

Gleich zu Beginn des ersten Programmteils entführen die beiden Musikinterpreten in tonal verklärte Schubert-Welten, in denen sich die gesamte Palette romantischer Gefühle klangmalerisch über den Zuhörer ergießt.

 

Von stiller Zuneigung, tiefer Liebe, leisem Schmerz, den unerträglichen Verlusten des Lebens sowie den gedanklichen Weltfluchten ist an diesem Abend die musikalische Rede.

 

Beseelt und allem Irdischen entsagend, flieht man mit der Sängerdarstellerin nur allzu gerne in die sphärischen Gefilde multifacettierter Klangpoesien.

 

"Du liebst mich nicht". Klagend, wehleidend und mit zutiefst beseelten Gefühlsregungen versteht es Nikola Hillebrand, ihr Publikum auf Anhieb von den tragischen Tiefschlägen der Liebe zu überzeugen.

 

©LeedsLieder Festival / Nikola Hillebrand & Joseph Middleton

©LeedsLieder Festival / Nikola Hillebrand & Joseph Middleton

©LeedsLieder Festival / Nikola Hillebrand & Joseph Middleton

©LeedsLieder Festival / Nikola Hillebrand & Joseph Middleton

Ihre Stimme schimmert dabei von einer warmgoldenen Mittellage ummantelt in silberfeine Tonalhöhen. Ihr Timbre besticht durch eine nussig leichte Textur, die angenehm weich, vollmundig und dennoch von einer kristallklaren Brillanz durchwirkt ist.

 

Zart, duftig und mit müheloser Eleganz hält sich die schwerelose, hauchzart wirkende Stimme unangestrengt und äußerst biegsam immer wieder in den schwindelerregend hohen Registern auf, ohne je zu ermüden.

 

Mit ausgesprochen differenzierter Dynamik, ausufernd schönen Legati-Bögen, ambitusreich und mit einer pinpoint Phrasierung, die von gesangstechnischer Perfektion zeugt, schafft es Nikola Hillebrand, den schwierigen Spagat zwischen formvollendeter Vokalkunst und tief empfundener Gefühle zu meistern, um das, was man Kunstlied nennt, überzeugend in das Auditorium zu transportieren.

 

Die junge Sopranistin ist wahrlich eine Geschichtenerzählerin par excellence. Sie versteht es, gesangliche Erzählkunst mit mimischer Expressivität und einer charakterstarken Bühnenpräsenz zu vereinen und punktet auch mit außerordentlich dramatischer Strahlkraft, wie sie selten Künstler ihres Fachs so bühnenreif zutage fördern können.

 

©LeedsLieder Festival / Nikola Hillebrand & Joseph Middleton

©LeedsLieder Festival / Nikola Hillebrand & Joseph Middleton

©LeedsLieder Festival / Nikola Hillebrand & Joseph Middleton

©LeedsLieder Festival / Nikola Hillebrand & Joseph Middleton

An ihren Lippen hängend lauscht man verzückt und nahezu hypnotisiert der "Heimlichen Liebe" und leidet im "Ersten Verlust" ebenso intensiv, wenn auch nur passiv mit der Gesangskünstlerin mit. Begeisterungsstürme prasseln gleich nach dem ersten Programmteil auf die Solisten ein.

 

Das Publikum ist schier überwältigt und bedankt sich lautstark jubelnd mit frenetischem Applaus bei der Sopranistin und ihrem klaviertuosen Begleiter.

 

Im 2. Programmpunkt verlautbaren sich zur Abwechslung dann die Brahms-Klassiker, die musikalisch deutlich schlichter gestrickt sind und sich durch ihren volkstümlichen Charakter von den hochromantischen Strauss und den verklärten Schubert Liedern konturiert abheben.

 

Von bodenständiger Schönheit und musikalisch einfacher Struktur singt sich "Da unten im Tale rauscht´s Wasser so trübe" dennoch nicht so leicht und nonchalant dahin. Schließlich soll das folkloristisch anmutende Lied nicht plump und abgedroschen klingen, sondern so rein und kristallklar wie ein sprudelnd erfrischendes Bächlein.

 

Nikola Hillebrand gelingt auch diese musikstilistische Transformation. Bezaubernd, anmutig und von schlichter Schönheit klingt die Brahmsche Volksweise aus ihrem Mund zwar tonal auf ein musikstrukturelles Minimum reduziert, wirkt aber dennoch höchst grazil, elegant und zum Dahinschmelzen irisierend. 

 

©LeedsLieder Festival / Nikola Hillebrand & Joseph Middleton

©LeedsLieder Festival / Nikola Hillebrand & Joseph Middleton

©LeedsLieder Festival / Nikola Hillebrand & Joseph Middleton

Doch den eigentlichen Höhepunkt des Abends bilden die Strauss-Lieder - allen voran "Allerseelen" und "Morgen". Zum ersten Mal bei diesem abwechslungsreichen Rezital nehme ich die leisen Töne, die unaufgeregten Legati-Ergüsse und die sanft fließende Melodik besonders vordergründig wahr.

 

Alles Leise gewinnt plötzlich an Kontur, Strahlkraft und substanzieller Beseeltheit, nimmt den Zuhörer gefangen und lässt ihn für den Moment der schwingend tönenden Luft einfach nicht mehr los.

 

Dieses musikalische Ereignis ist pure Offenbarung, die Künstler am Klavier und Stimmband ein absolutes Hörvergnügen. Mehr des Guten geht einfach nicht.

 

Dass auch Joseph Middleton sich als musikalischer Begleiter am Flügel seine Lorbeeren verdient hat, muss unbedingt noch erwähnt werden. Was wäre denn die hohe Sangeskunst ohne die klangpoetische Untermalung eines klaviertuosen Fingerakrobaten, der es ausgezeichnet versteht, wie man der menschlichen Stimme Flügel verleiht oder sie zumindest auf Händen trägt.

 

Ein applausstarker Abend geht zu Ende. Ein einziges "Encore" lässt sich das kongeniale Liedgespann noch entlocken, dann verebbt die Musik.

 

Mit "The last rose of summer" hoffe ich inständig, dass genau das Gegenteil eintritt und der Sommer musikalisch florieren und es sogar recht viele Rosen für die Menschen regnen wird, die uns mit Herz und Seele tonal zutiefst beglücken.

 

Vielen Dank für diesen wundervollen Abend Joseph Middleton und Nikola Hillebrand!

 

©LeedsLieder Festival / Nikola Hillebrand & Joseph Middleton


©Franziska Schrödinger

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©Konzertfilm Weihnachten in Grafenegg "Hänsel und Gretel"

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