wenn montage zu musikalischen lichtblicken werden

DIE MONTAGSKONZERTE DER BAYERISCHEN STAATSOPER

30. APRIL 2020

©Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper - Sopranistin Elsa Benoit

Wer sich sonntags nicht auf montags freut, der macht irgendetwas falsch. Denn es gibt tatsächlich wieder Grund genug, den Wochenanfang freudestrahlend zu begrüßen - und zwar musikalisch - denn die Montagskonzerte der Bayerischen Staatsoper sind zurück.

 

Jeden Montag ab 20:15 Uhr gibt es eine kleine, aber feine Programmauswahl unterschiedlichster Interpreten, die per Livestream über das online Portal www.staatsoper.de abgerufen werden kann. Auf diese Weise erlebt die Nation auch in den eigenen vier Wänden musikalischen Genuss auf höchstem Niveau, und wird dabei mit einer Selektion klassischer Musikstücke verwöhnt, die statt Masse zu offerieren, mit viel Klasse überzeugen und qualitativ nicht abendfüllender sein könnten. Solo-Instrumentalisten, genauso wie kammermusikalische und tänzerische Darbietungen runden das gut durchdachte Repertoire ebenso ab, wie der intime Liedgesang.

 

Dabei liest sich die Auswahl der Interpreten wie die Crème de la Crème einer exquisiten Menüauswahl.

 

Mit von der Partie sind unter anderem Musiker und Tänzer der Bayerischen Staatsoper sowie dem Haus eng verbundene Künstler, wie Sopranistin Hanna-Elisabeth Müller, Pianist Gerold Huber, Geigerin Julia Fischer und Tenor Jonas Kaufmann, um nur einige zu nennen.


Die Wiederaufnahme des kurzfristig eingestellten musikalischen Onlineangebots fand just diesen Montag, den 27. April 2020, statt. Das ausgewählte Abendprogramm wurde dabei von der Sopranistin Elsa Benoit, dem Münchner Klaviertrio mit Tilo Widenmeyer sowie dem Pianisten Helmut Deutsch und dem Münchner Tenor Jonas Kaufmann abwechslungsreich gestaltet.


Von Georg Friedrich Händel, über Wolfgang Amadeus Mozart bis hin zu Robert Schumann, stand musikalisch epochale Vielfalt zur Auswahl.

 

©Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper - Münchner Klaviertrio mit Tilo Widenmeyer

Dabei machte die französische Sopranistin Elsa Benoit den musikalischen Auftakt mit Händels "Piangeró la sorte mia" und brillierte meisterhaft mit ihrer perlend feinsilbrigen Stimme, die sich bei extrem ausufernden Koloraturvariationen waghalsig und bravourös in tonale Höhen schwang, und dabei mit einem exorbitanten Ambitus bestach. Fast manövrierte sich die technisch stimmsichere und versierte Sängerin, ein bisschen wie bei einer Achterbahnfahrt, in kaleidoskopische Koloraturloops.

 

Dabei verschwanden aber keinesfalls die leisen Töne in der Versenkung, sondern erlebten eine ebenso präsente Ausdruckskraft und Intensität, die von einer samtig zarten Klangfülle dezent unterstrichen wurde.


Auch das Klaviertrio, bestehend aus Michael Arlt an der Violine, Gerhard Zank am Violoncello, Donald Sulzen am Klavier und Tilo Widenmeyer an der Viola, überzeugte bei Mozarts Klavierquartett in Es-Dur KV 493 mit einer technischen Akkuratesse und einer besonderen Leichtigkeit, mit der die fünf verschiedenen, melodisch durchmodulierten Themen des ersten Satzes aufgegriffen und interpretiert wurden.


Insgesamt erlebte man ein Klavierquartett, das sich von der Kunst der Gegenüberstellung zwischen Streichern und Klavier nährte und dem Tasteninstrument formschön einen Klangteppich bereitete, auf dem, besonders in den Seitenthemen des ersten Satzes sowie im Larghetto, die lyrischen Zwischentöne von der Klaviermusik dominiert wurden, nur um im Wechselmodus mit den Streichern immer wieder in den harmonischen Dialog zu treten.

 

©Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper - Tenor Jonas Kaufmann

Den krönenden Abschluss des Montagskonzerts bildete schlussendlich der Münchner Tenor Jonas Kaufmann, der von seinem Liedbegleiter Helmut Deutsch akompaniert, Robert Schumanns "Dichterliebe op. 48" zum Besten gab.


Ungewöhnlich puristisch, wohl auch wegen der großen Leere auf der Bühne und im Saal des Opernhauses, füllte Kaufmann omnipräsent die geisterhafte Stille des verwaisten Hauses aus.


Seine vor Kraft strotzende, sonore Stimme resonierte dabei bis in den letzten Winkel des erlauchten Musentempels. Von einer tonalen Intensität und einer ausgereiften Bühnenpräsenz erfüllt, spürte man sogar vor dem Bildschirm die absolute Strahlkraft des Tenors, der mit vollem Einsatz Schumanns Liedzyklus gesanglich und darstellerisch mit Leidenschaft durchlebte.

 

Die Freuden, Wonnen und das Leid eines liebenden Mannes, die Hochs und Tiefs der Liebe, alles durchkaute Kaufmann bis auf den letzten tonalen Bissen mit Herzschmerz und schmetterlingshafter Leichtigkeit, je nachdem, welches Thema er gerade gesanglich darbot.

 

©Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper - Helmut Deutsch/Klavier - Jonas Kaufmann/Gesang

Mit einem ausgereiften Stimmorgan, das sowohl brillante Höhen souverän überwand, als auch in den samtig baritonalen Tiefen absolute Präsenz und Tiefenwirkung zeigte, bewies Kaufmann wieder einmal, das auch per Livestream seine musikalisch charismatische Anziehungskraft ungebrochen ist.


Fast schien es so, als ob sein eigener Gesang ihn emotional gerührt und innerlich so aufgewühlt hatte, dass es aus seinen Augenwinkeln verdächtig feucht schimmerte. War Herrn Kaufmann wohl eine Träne abhandengekommen? Wen würde es verwundern in diesen zermürbenden, dunkelgrauen Tagen, in denen man die Kunst und vor allem die Musik am langen Arm verhungern lässt.


Tiefstes Bedauern signalisierend, ließ sich Kaufmann zum Ende seines Auftritts noch zu einer mehr als eindeutigen Aussage hinreißen: „ Without the audience, music is not the same fun!“


Wie recht er damit hat. Und wie sinnlos leere Konzerthäuser doch sind!

 

©Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper  - Helmut Deutsch/Klavier - Jonas Kaufmann/Gesang

Aus diesem Beweggrund, und um der Resignation den Wind ein wenig aus den Segeln zu nehmen, soll dieses musikalische Gratisbonbon, das nun jeden Montag über die online Plattform www.staatsoper.de ausgestrahlt wird, nicht nur die "klassikaffine" Zuhörerschaft vor den Bildschirmen zu Hause erfreuen, sondern im Speziellen als unterstützende Maßnahme im Rahmen eines Spendenaufrufs verstanden werden.

 

Mit einer finanziellen Spritze sollen sich ganz besonders freischaffende Künstler und Musiker über Wasser halten, die ansonsten keine Chance hätten, ihren Lebensunterhalt hinreichend zu bestreiten.


Vorbildlich zeigt die Bayerische Staatsoper mit dieser engagierten Aktion Flagge für die prekäre sozialgesellschaftliche Misere, die durch die Gesundheitskrise evoziert, nun große Löcher in die Kassen der kulturschaffenden Einrichtungen reißt.


Auch wer nicht spenden kann, weil er selbst in finanziellen Schwierigkeiten steckt, kann und darf sich die Montage mit Livestreams und Video-on-Demand angeboten versüßen, völlig kostenfrei.


Oper für Alle! Dieses Motto ist nicht nur alljährlich während der Festspielzeit im Sommer ein fester Bestandteil des renommierten Opernhauses. Auch und gerade jetzt zeigt die Bayerische Staatsoper in diesen schwierigen Zeiten ganz viel Herz und stellt einmal mehr unter Beweis, dass die Oper wahrhaft ein Ort für alle Musikliebhaber gleichermaßen ist!

 


Hintergrundinformation zur Arie "Piangeró la sorte mia"

"Piangeró la sorte mia" ist eine Arie der Cleopatra aus dem dritten Akt der dreiaktigen barocken Heldenoper Giulio Cesare in Egitto (zu deutsch: Julius Cäsar) von Georg Friedrich Händel.

 

Sie entstand in der Opernspielzeit 1723/24 und handelt vom Herrscher Julius Cäsar, der sich als Spielball in einer von Machtgier und Rachsucht gespickten Intrige wiederfindet. Als Anwärterin auf die Herrschaft über Ägypten will Cleopatra den Thron für sich selbst beanspruchen und verbündet sich mit Cäsars Erzfeinden, um den unbeugsamen Herrscher zu stürzen.


Dem tödlichen Komplott entgehend, rettet sich Cäsar aus den Fängen seiner Feinde und macht Cleopatra zur Königin Ägyptens, während er selbst nach Rom zurückkehrt.

 

Musikalisch ist diese typisch barocke Oper opulent instrumentalisiert und weist eine farbige, abwechslungsreiche Klangvielfalt auf. So kommen unter anderem Instrumente, wie Block- und Traversflöten, Fagotte, Oboen, Hörner sowie eher exotischere Instrumente, wie die Harfe, die Theorbe und die Viola da Gamba zum Einsatz. Ein wahrhaftes Meisterwerk Händels, das einen klanglichen Facettenreichtum aufweist, wie sonst keine andere Oper des Komponisten.

 

©Jonas Kaufmann / Bayerische Staatsoper Dichterliebe Op. 48/12 am leuchtenden Sommermorgen - Robert Schumann


Hintergrundinformation zu Wolfgang Amadeus Mozarts Klavierquartett in Es-Dur KV 493

Im Jahr 1785/86 in Wien entstanden, galt das Klavierquartett vorerst als tonale Gattung, die sich erst noch musikalisch durchsetzen musste. Das Werk in Es-Dur besteht aus folgenden drei Sätzen:


1.Allegro
2.Larghetto
3.Alegretto


und ist für Violine, Viola, Violoncello und Klavier geschrieben worden. Das Nachfolgewerk, das im Vergleich zum g-Moll Quartett deutlich freundlicher und konzertanter wirkt, gilt als eines der wohl anspruchsvollsten Klavierquartette, die Mozart in seiner Schaffensperiode komponiert hat.


Hintergrundinformation zu Robert Schumanns Dichterliebe op.48:

©Jonas Kaufmann / Bayerische Staatsoper Dichterliebe Op. 48 / 11 Ein Jüngling liebt ein Mädchen - Robert Schumann

1860 komponierte Robert Schumann den 16-teiligen Liedzyklus "Dichterliebe op. 48", welcher der Gedichtsammlung aus Heinrich Heines "Lyrischem Intermezzo" zugrunde liegt.


Als Inbegriff des romantisches Kunstliedes, reihen sich in Schumanns Liedzyklus geschlossenen Episoden aneinander. Dabei legte der Komponist die Reihenfolge der Gedichte selbst fest und folgte dabei, in Anlehnung an seine kompositorische Logik, der eigens erdachten Liedstruktur.


Folgende Titel umfassen den Zyklus der Dichterliebe op. 48


1. Im wunderschönen Monat Mai
2. Aus meinen Tränen sprießen
3. Die Rose, die Lilie, die Taube, die Sonne
4. Wenn ich in deine Augen seh´
5. Ich will meine Seele tauchen
6. Im Rhein, im heiligen Strome
7. Ich grolle nicht
8. Und wüßten ´s die Blumen, die kleinen
9. Das ist ein Flöten und Geigen
10. Hör ich das Liedchen klingen
11. Ein Jüngling liebt ein Mädchen
12. Am leuchtenden Sommermorgen
13. Ich hab im Traum geweinte
14. Allnächtlich im Traume
15. Aus alten Märchen
16. Die alten, bösen Lieder
13. Ich hab im Traum geweinte
14. Allnächtlich im Traume
15. Aus alten Märchen
16. Die alten, bösen Lieder


Weitere Informationen zu den Montagskonzerten und zum Video-on-Demand-Angebot unter:

 

www.staatsoper.de

Kommentare: 0