03. März 2025
Rubrik Konzert
©Adrienne Meister
So viel noch unentdeckt! Hätte ich vorher gewusst, welch gelungenes musikalisches Format der Tonalisaal in Hamburg zu bieten hat, wäre ich doch schon längst viel früher auf die Idee gekommen, an diesem besonderen Kulturort einen genussvollen Liederabend zu verbringen.
So hat mich letztendlich eine junge Sopranistin mit ihrem betörenden Gesang erstmals dazu verführt, am gestrigen Abend ein Ambiente in intimer Liedgesangrunde in vollen Zügen zu degustieren. Wer diese junge Dame war?
Von Nicole Hacke
Marie Maidowski, die sich mit Herz und Seele in Begleitung des aktuell renommiertesten Liedbegleiters, Daniel Heide, das Publikum im Sturm eroberte.
Mit einem Repertoire, das man einfach lieben muss, gelang der jungen Sopranistin, die seit der Saison 2024/2025 im Internationalen Opernstudio der Hamburgischen Staatsoper reüssiert, ein
fulminanter Erfolg.
Ob Schumann, Schubert, Mahler, Debussy oder gar Rachmaninov, so bunt gewürfelt wie das Programm gestrickt, so multifacettenreich erstrahlte die saturierte, strahlkräftige und besonders agile Stimme der Künstlerin in den intimen Raum, der einst als Pferdestall diente.
Ja, es ist kaum zu glauben, dass Liederabende den Weg zurück in das übersichtliche Salon-Ambiente zurückfinden und dort eine musikalische Gestalt annehmen, die so nahbar, persönlich und unmittelbar ist, dass man Augen- und Ohrenmerk wieder stark konzentriert auf das Erlebnis Gesangskunst und Gestaltung richten kann.
©Adrienne Meister
Genauso muss es auch sein, wenn man das Faszinosum des Liedgesanges in seiner Gänze erfassen und seine Intensität vollumfänglich erleben will.
Dass es intensiv und elektrisierend für alle Sinne wird, dafür sorgt insbesondere Marie Maidowski, die mit ihrer ausdrucksstarken und kraftvollen Stimme ganze Liedzyklen gestalterisch zu vereinnahmen weiß.
So gelingt ihr der Eichendorff-Liederkreis Op. 39 von Robert Schumann mit so viel leidenschaftlicher Verve, dass man sich mit ihr auf eine rauschhafte Wanderung begebend in lauen Frühlingsnächten selbst ganz wehmütig zu verlieben vermag.
Ob "Im Walde" oder "Auf einer Burg", jeder Schauplatz wird allein durch die Erzählkunst der Sopranistin zu einem visuellen Erlebnis mit emotionalem Tiefgang.
In der "Mondnacht" lauscht man gebannt in die nächtliche Stille hinein, die durch eine Zartheit vokaler Intensität potenziert wird. Marie Maidowski kann neben temperamentvoller Inbrunst und emotional durchwirkten Ausbrüchen auch das Leise, das Pianissimo, das sich voller Spannkraft in wunderschönen Phrasierungen über einen ergießt.
Diese Stimme hat das Zeug zum Liedgesang. Schmelzend weich, kraftvoll im Ausdruck und dennoch imstande, sich im Leisen, Zurücknehmenden die volle Aufmerksamkeit eines gebannt lauschenden Publikums zu erobern: Was für ein stimmliches Starpotential.
©Adrienne Meister
Noch beeindruckender wird es im zweiten Programm nach der Pause, das Werke von Schubert, Mahler, Debussy und Rachmaninov vorsieht; ein ausgesprochen bunter Strauß exquisiter Liedperlen, die nicht leicht zu vereinnahmen sind.
Doch auch diese Interpretationen gelingen der charismatischen Künstlerin formidabel. Insbesondere Alma Mahlers Lieder erklingen mit irisierendem Timbre, bernsteinfarben im warmgoldenen Licht vokaler Sättigung.
Ich bin so was von "geflasht" von dieser herrlichen Stimme, die immerzu klangfarbenreiche Bilder von immenser Schönheit malt. Unvergessen auch das differenzierte "Begleitprogramm" des "klaviertuosen" Daniel Heide, dessen Finger nonchalant nur so über die Klaviatur gleiten und sich in klangvollen Tonkaskaden verlieren.
Auf Händen trägt Daniel Heide Marie Maidowski mit einem Klangteppich, der jede Liedepisode geschichtenerzählerisch vorantreibt und die Sängerin dazu animiert, mit dem Klavierbegleiter in eine ferne Welt abzutauchen, um sie für das Publikum in die Gegenwart zu retten.
Und das gelingt auf ganzer Linie!