Rudolf Buchbinder schmeichelt Mozarts Erbe mit perlend schöner "Klaviertuosität" in der Elbphilharmonie

18. Oktober 2024

Rubrik Konzert

©Jörg Simanowski /Elbphilharmonie

Wer glaubt, Mozart könne immer nur heiter, duftig und leicht, der irrt gewaltig. Denn wer sich an diesem Abend in der Elbphilharmonie auf die dezidierte Auswahl seiner eindrücklichen Klavierkonzerte in Dur und Moll einlässt, erahnt die fast schon krassen Gegensätze aus tonalen Licht- und Schattenspielen.

 

Dargeboten von einem Spezialisten seines Fachs, bringt der Pianist Rudolf Buchbinder als legendärer Interpret von Mozarts Werken, ein besonderes Amuse-Gueule der klaviertuosen Kunst als Genusshappen auf die Bühne des hanseatischen Musentempels.

 

Von Nicole Hacke

 

Nie aufdringlich, laut oder gar zu "mozartesque" wirkt das Spiel Buchbinders zurückgenommen elegant, beinahe schlicht und dennoch von einer außerordentlich perlenden Schönheit.

 

Das Erbe des österreichischen Genies arbeitet Rudolf Buchbinder so konturiert und bemerkenswert ausdrucksstark aus jeder Note heraus, flötet dabei jeden Triller mit lockerer Hand und bemüht sämtliche Läufe im Fingerflug, dass man als Zuhörer genussvoll den überaus balsamisch-samtigen Klängen lauscht. 

 

©Jörg Simanowski /Elbphilharmonie

Dabei staunt man nicht schlecht, wie eloquent Rudolf Buchbinder die Instrumentalisten der Sächsischen Staatskapelle Dresden mit einem beiläufig lässigen Dirigat bewegt und dabei ganz salopp zu orchestralen Höhenflügen animiert.

 

Verloren in seiner eigenen Welt aus harmoniesatten Kadenzen, chromatischen Spielereien, ummantelt von rhythmisch-dynamischer Raffinesse, jongliert der virtuose Pianist die fliegenden Töne im Wechsel zwischen Orchester und Flügel.

 

Als Dirigent und Pianist in Personalunion zeigt Rudolf Buchbinder, wie man sich entspannt und noch dazu auf den Punkt genau in beiden Königsklassen auf der Bühne austoben kann, natürlich nicht ganz synchron, aber dem Zustand doch recht nahe kommend.

 

Mittendrin und fast schon wie in einem gemütlichen Salon empfindet man den Konzertsaal, der charismatischen Ausstrahlung Rudolf Buchbinders sei Dank, intim und immer kleiner werdend. Selbst aus der 13 Etage wächst man immer enger zusammen mit dem Geschehen auf der Bühne.

 

Die Mélange aus Solointerpret und Instrumentalisten wird von Klavierkonzert zu Klavierkonzert, von Thema zu Thema immer geschmeidiger und gefühlt cremiger.

 

Ja, es ist die musikalische Crème de la Crème, die heute Abend das Publikum der Hansestadt Hamburg beehrt, noch dazu mit einem Künstler, der seine Noten nicht braucht, um die Musik Mozarts interpretieren zu können.

 

©Jörg Simanowski /Elbphilharmonie

©Jörg Simanowski /Elbphilharmonie

Aus dem Kopf, auswendig, aber wahrscheinlich lange schon in Fleisch und Blut übergegangen, schafft es der fingerfertige Meister, selbst mit geschlossenen Augen, seine eigenen musikalischen Kreationen mit Genuss zu degustieren. Herrlich und einfach umwerfend, wie traumverloren sich das Klavierspiel im Auditorium Ton um Ton im Nichts der Stille verliert.

 

Und Rudolf Buchbinder lächelt immerzu in sich und seine Welt hinein. 

 

Rauschhaft mutet auch das Zusammenwirken der Sächsischen Staatskapelle Dresden an, deren kurfürstliches Musizieren einem königlichen Auftritt gleichkommt.

 

Im Fluss der mäandernden Musik gleitend und in einen Schwebezustand mündend, schwimmt man auf einem imaginären Strom, der einen immer weiter fort, vorbei an herrlichen Landschaftsbildern treibt, ohne Ende und ohne Ziel, verloren im Kosmos der tönenden Luft.

 

©Jörg Simanowski /Elbphilharmonie

Kurz vor Konzertende fühle ich mich in einen hypnotischen Zustand versetzt aus dem ich gar nicht mehr so gerne erwachen möchte. Völlig träge und gesättigt von so viel harmonischer Üppigkeit lasse ich mit dem Verklingen des letzten Akkordes mein musikalisches Gänge-Menü noch einmal Revue passieren.

 

Da fällt auch schon der tobende Applaussturm ein, der Rudolf Buchbinder im Wirbel der Ovationen festzuhalten droht. Etliche Male muss der "klaviertuose" Meiser die Bühne beehren, bevor sich der donnernde Beifall peu à peu legt.

 

Was für ein Auftritt! Was für ein Konzert! Was für ein Abend, lieber Rudolf Buchbinder! Es war ein Fest für alle Sinne.

 

Hinweis: Bitte die mit * gekennzeichneten Felder ausfüllen.


Kommentare: 0