PUccini-Gala unter Venedigs Sternenzelt mit Brian Jadge und Elena Zanetti

23. Juli 2024

Rubrik Konzert

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Lau scheint die Sommernacht in Italiens Lagunenstadt Venedig zu sein, der Markusplatz ist - wie so häufig - mit Menschentrauben gefüllt.

 

Nur diesmal sitzen seine Besucher in Reih und Glied vor einer meeresblau angestrahlten Bühne, die etwas ganz Großartiges vermuten lässt:

 

Von Nicole Hacke

 

Zu Ehren des Komponisten Giacomo Puccini, der vor genau 100 Jahren verstarb, findet eine ganz besonders festliche Opern-Gala mit dem Orchester La Fenice unter der musikalischen Leitung von James Conlon statt.

 

Als solistische Darbietung bereichern die italienische Sopranistin Elena Zanetti sowie der US-amerikanische Tenor Brian Jadge den romantikgeschwängerten Abend, der inmitten einer so malerischen Kulisse und noch dazu bei nachtblauem Himmel eine magische Atmosphäre zu verbreiten vermag.

 

Untermalt von einem Programm, das die vielleicht bedeutendsten Opernmeilensteine des Komponisten markiert, erlebt sich dieses einzigartige Ereignis selbst vor dem TV-Bildschirm sehr eindrücklich.

 

Gerne wäre man jetzt dabei, um das Flair dieser Stadt und das italienische Lebensgefühl vollends in sich aufsaugen zu können.

 

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Doch zum Trost kompensiert die Musik das Sehnsuchtsgefühl und lässt satte italienische Klänge von der Adria herüberschwappen. 

 

Mit der bekannten Arie "E lucevan le stelle" aus Tosca erobert sich Brian Jadge gleich zu Beginn das Publikum. Der Auftakt gelingt formidabel, auch wenn der Künstler einer offensichtlich leicht stimmlichen Indisposition erlegen ist.

 

Kaum auffällig im Gesamterscheinungsbild bleibt die Stimme deutlich hörbar an der ein oder anderen Stelle hängen, so als ob sich ein hartnäckiger Schleimpfropfen auf den Stimmbändern des Tenors gebildet hätte eine wahrlich marginale Unregelmäßigkeit im Stimmfluss, die man nur dann bemerkt, wenn man ganz genau hinhört.

 

Abgesehen davon gibt es rein gar nichts an Jadges Glanzleistung auszusetzen.

 

Seine Stimmwucht, der warme Klangschmelz und die stentoral aufbegehrende Leidenschaft, die auch darstellerisch in dieser konzertanten Fassung sehr eindrücklich in den Vordergrund tritt, berühren, fassen einen an und lassen einen absolut nicht kalt, vor allem nicht los.

 

Brian Jadge ist ein Gestalter, ein wunderbarer Interpret, der zu Recht und immer mehr auf den großen Weltbühnen mit großem Erfolg bestehen kann. Herrlich auch seine ansprechende und dunkel-timbrierte Mittellage, die warm und angenehme Resonanzen herstellt. 

 

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Ohne Abstriche begeistert auch Elena Zanetti, die mich bereits in der Hamburger "Suor Angelica" zu Tränen gerührt hat.

 

Auf der Stelle verzaubert und tief in die emotionalen Welten ihrer betörend ausdrucksstarken Interpretation der Madame Butterfly (Un bel dì vedremo) hineingezogen, verliert man sich in ihrer perlend und lupenreinen Sopranstimme, die schlanke Obertöne, extreme Höhen und mit Tragik gespickte emotionale Temperaturen produzieren kann.

 

Von Elena Zanetti geht an diesem Abend ein absoluter Zauber aus, den sie sich ganz bis zum Schluss des Konzertes bewahren wird. Aber dazu später mehr.

 

Im Verlauf der italienischen Nacht, die mit fortschreitender Dunkelheit über der Lagunenstadt hereinbricht und den Markusplatz in eine noch ästhetischere Atmosphäre taucht, erleben sich die orchestralen Einlagen wie im Traum.

 

James Conlon versteht sein Dirigat und weiß, wie große Emotionen aus einem üppigen Klangkörper erwachsen können.

 

Mit dem Orchester La Fenice an seiner Seite fließen die irisierenden Klangteppiche wie von Zauberhand nur so aus dem Taktstock heraus, schwappen auf das Publikum über und verpuffen resonanzstark in der italienischen Sommernacht.

 

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Großartig anzuhören ist ganz besonders George Gershwins "Rhapsody in Blue", ein "Third-Stream-Meisterwerk", das mit jazzigen Nuancierungen die Puccini-Gala gehörig aufwirbelt und virtuos vom Pianisten Alexander Malofeev unterstrichen wird.

 

Seine schwungvollen Modulationen, die fingerfertig, flugs und mit einer Nonchalance dargeboten, immer leicht im Back-Beat den musikalischen Moment beflügeln, wirken erhebend, lassen Gefühle von unendlicher Freiheit und Weite aufkommen.

 

Herrlich auch der Bolero von Maurice Ravel, der nur so vor Temperament strotzt und mit Esprit orchestrale Raffinesse versprüht.

 

Abschließend gestaltet Elena Zanetti noch zwei Arien aus Puccinis letzter Oper Turandot: " "Tu che di gel sei cinta" und "Padre Augusto" - und das mit einer Strahlkraft, die bis in die letzten exponierten Tonlagen frei, ungezwungen und weich strömend orbitale Sphären erreicht. 

 

Zuvor erklingt "Nessun dorma", eine tenorale Schmachtarie, die wohl jeder Tenor mindestens einmal in seinem Leben gesungen haben will. Aber Achtung: Auch wenn sie so getragen daherkommt und unaufgeregt klingen mag, steckt doch der musikalische Teufel im Detail.

 

Brian Jadge schafft es, diese Hürden gekonnt zu nehmen, auch wenn zuweilen ein wenig mehr Legati auf den letzten Metern das heroische Momentum potenziert hätten. 

 

Insgesamt bleibt man staunend zurück und freut sich mit leuchtenden Augen und einem beseelten Lächeln über so eine faszinierend schöne Sendung, von der man gerne Weitere im TV konsumieren würde. Am liebsten natürlich live und vor Ort, denn musikalische Momente leben immer von einer wechselseitigen Resonanz.

 

Ach, wenn in Italien....

 

Programm

 

Giacomo Puccini - Tosca, "E lucevan le stelle"

Giacomo Puccini - Madama Butterfly, "Un bel dì vedremo"

George Gershwin - Rhapsody in Blue

Giuseppe Verdi - Aida, "Marcia trionfale" & "Danze Atto II"

Giacomo Puccini - La Bohème, "Mi chiamano Mimì"

Maurice Ravel - Boléro

Richard Wagner - Die Walküre, "Ritt der Walküren"

Giacomo Puccini - Turandot, "Tu che di gel sei cinta"

Giacomo Puccini - Turandot, "Nessun Dorma"

Giacomo Puccini - Turandot, "Padre Augusto"

 

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