Andrè Schuen bewegt mit seinem Liedgesang ein freudig tobendes Publikum bei der Schubertiade Schwarzenberg

30. August 2024

Rubrik Konzert

©Schubertiade Schwarzenberg

Schon häufig kam mir zu Ohren, dass Andrè Schuen einer dieser besonderen Liedsänger sei, vor dem man sein Gehör absolut nicht verschließen solle.

 

Und so spitze ich meine Ohren extraweit, um tief hinab in die tonmalerischen Poesien einzutauchen, die der Südtiroler Bariton an diesem Liederabend bei der Schubertiade Schwarzenberg zum Besten gibt.

 

Von Nicole Hacke

 

Mit einem umfangreichen Liedrepertoire, das sich in Ernsthaftigkeit von den "Vier letzten Gesängen" des Komponisten Johannes Brahms über Gustav Mahlers Lieder aus "Des Knaben Wunderhorn" bis hin zu einer programmatischen Auswahl milder und zärtelnd entrückter "Weisen" des Hamburger Brahms erstreckt, lässt Andrè Schuen den Angelika-Kauffmann-Saal in baritonaler Pracht tonal erblühen.

 

Dabei ist die musikalische Kost gleich mit den Vier ernsten Gesängen wahrlich abgrundtief erschütternd. Schuen schöpft dabei aus dem Vollen und versenkt sich tief in die biblischen Texte des Alten und Neuen Testaments.

 

Mal aufbrausend, donnernd und mit grollendem Unterton nimmt jede Zeile, jedes Wort Gestalt an, erwacht zum Leben und packt einen selbst so gewaltig an der Wurzel des Empfindens, dass man sich stark aufgerüttelt und innerlich so manches Mal tief erschüttert fühlt.

 

Bedrohlich bäumt sich Schuens Stimme mal mehr, mal weniger, aber immer auf Spannung und den Spannungsbogen ausdauernd haltend bis zum letzten verklingenden Ton auf.

 

©Schubertiade Schwarzenberg

Das ist absolutes Könnertum. Das ist ein Liedsänger wie aus dem Bilderbuch; ein Bariton, der es versteht, bis ins Detail und bis auf den Grund jedes Liedes vorzudringen, es in seiner Essenz zu erfassen und es dabei gekonnt mit emotionalen Temperaturen zu versetzen.

 

Man könnte auch sagen, wenn Andrè Schuen das Lied interpretiert, dann entspringt es einer Wahrhaftigkeit, die absolut und unverrückbar ist.

 

Zentriert und standhaft wie eine Eiche, die sich auch vom sturmbrausenden Wind nicht entwurzeln lässt, erhebt sich die Stimme des Ausnahmekünstlers, in deren Ruhe eine magisch anziehende Kraft liegt.

 

Sinnlich, fluid und frei von jeglichen Schnörkeln trifft Schuens Vokalinstrument ob seiner sonoren Durchdringungsgewalt und seinem betörend warmen Klangschmelz immer unmittelbar in Herz und Seele.

 

Unglaublich warmgolden leuchtet seine Stimme ganz besonders in den Piani, die in unterschwellig verzehrender Leidenschaft, eine lockende Erotik versprühen. "Was hilft mir ein Schätzel, Wenn´s bei mir nicht bleibt!".

 

Kaum vorstellbar, dass genau dieser Fall bei Andrè Schuen jemals als "Worst-Case-Szenario" verbucht werden könnte.

 

©Schubertiade Schwarzenberg

Viel zu sehr hängt man doch mit jeder Faser seines feinfühligen Selbst an den Lippen des versierten Liedsängers, der dynamisch differenziert zu jeder Sekunde irisierende Klangfarben von höchster Güte produziert.

 

An seiner Seite der "klaviertuose" Daniel Heide, der sich als absolut kongenialer Partner am Flügel beweist. 

 

Verzaubernd plätschert es in herrlichen Kadenzen, fließenden und ineinander verschmelzenden Akkordfolgen immerzu duftig, leicht und strömend in klangpoetische Sphären.

 

Beim biegsamen Tanzen und geschmeidigen Tänzeln der Finger auf der Klaviatur, lässt nicht erahnen, wie viel Disziplin, wie viel akrobatische Fingerfertigkeiten in Heides Spiel stecken.

 

Ganz besonders lässt hier eine wundersame Romantik grüßen, die einen in eine nostalgische Vergangenheit der Langsamkeit, des Müßiggangs und der Zeitlosigkeit entführt und mit charaktervollen Nuancierungen bestückt, blumig frische Facetten offenbart.

 

Entrückt mit jedem Anschlag der Tastatur erhöht Daniel Heide den Liedgesang Schuens, bereitet seinem Gesang eine formvollendete und schlank ausgestaltete Bühne und beweist mit Ausdruck und Verve, wie sich in jedem Lied eine Geschichte greifbar und fühlbar erzählen lässt.

 

Honiggolden, strahlend, samten: Wie aus einem Guss erlebt sich das Duo Heide-Schuen! Doch das Beste kommt erst zum Schluss!

 

©Schubertiade Schwarzenberg

Nachdem der letzte Ton aus Brahms "Entführung op. 97 / 3 verklungen ist, glaubt man es kaum, wie enthusiasmiert sich ein Publikum applausstark in den Vordergrund drängen kann.

 

Kaum, dass Schuen und Heide von der Bühne abgetreten sind, geht auch schon das Verlangen nach mehr musikalischen Genüssen los. Donnernd und mit den Füßen Beifall bekundend, verebbt der laut tönende Applaus erst in der Sekunde, als sich beide Künstler in Positur begeben, um die erste Zugabe zu präsentieren.

 

" Da unten im Tale", vielleicht eines der schönsten Brahms-Lieder, die aus dem Volkstümlichen geboren eine besondere Faszination auf den Zuhörer ausüben, gestaltet André Schuen mit Tiroler Dialektik, die das Kunstlied zum Edelstein heimatverbundenem Folklorismus potenzieren.

 

Die Gewissheit von Heimat verwoben mit einem Gefühl der Verbundenheit und des Angekommensein verschafft sich  im Herzen Raum, Weite und unendliche Freiheit. Das ist einfach wunderschön und mit Worten kaum noch zu beschreiben.

 

Unbeschreiblich nahezu ist ebenfalls die zweite Zugabe, bei der die Welt scheinbar stehen zu bleiben scheint. Wie beide Künstler das Lied "Morgen" von Richard Strauss interpretieren, kommt einem Moment des Stillstands, des Anhaltens der Zeit gleich. 

 

Aus raumgreifender Stille, die sich langsam in ein gedämpftes Piano erhebt und auf einem zarten Klangteppich schwebend  einen transzendenten Zustand erreicht, erwacht etwas Zuversichtliches, das mit den weichen Farben eines lieblichen Sonnenaufgangs einen neuen, hoffnungsvollen Tag beschreibt, Andrè Schuen und Daniel Heide sei Dank!

 

 

Wichtige Information: Der Liederabend mit Andrè Schuen und Daniel Heide wird am Mittwoch, den 9. Oktober 2024 um 14:05 auf Ö1 übertragen.

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