Diana Damrau trällert spritzige OPeretten-Schlager auf ihrer neuen CD: Wien - Berlin - Paris

16. Dezember 2023

Rubrik CD Tipps & Literatur

©Simon Fowler / Diana Damrau

Joi-joi, Mama, was die alles kann! Nun ist es raus, das Operetten-Album, das uns mit Diana Damrau von Wien über Berlin nach Paris entführt.

 

Natürlich nur rein musikalisch und selbstredend im Dreivierteltakt. Die aus Bayern stammende Sopranistin, die gekonnt Koloraturen wie ein Jongleur Bälle in die Luft wirft, hat bislang nicht nur irrsinnig schöne Lucias di Lammermoor auf die Weltbühnen der Oper gebracht, sondern begeistert ihr Publikum auch immer wieder als Königin der Nacht - und das bis zum tonalen Anschlag.

 

Von Nicole Hacke

 

Daher kommt die Operette auch etwas überraschend um die Ecke. Seit dem 8. Dezember 2023 ist es aber nun endlich publik: Diana Damrau bekennt sich ganz offen zu ihrer heimlichen Liebe, der leichten Muse und besiegelt das Ganze mit der CD-Einspielung: Wien - Berlin - Paris!

 

Obwohl leicht ist die Operette nicht, sie klingt nur so, ganz besonders, wenn die Sopranistin sich diesem Genre mit spritziger Verve und feurigem Temperament widmet.

 

Schon bei der ersten Arie "Du sollst der Kaiser meiner Seele sein" aus der Operette "Der Favorit" von Robert Stolz wird schnell offensichtlich, dass diese für manch einen schmalzig klingende Nummer, eine große Portion stimmliche Eleganz, einen wohl dosierten Schuss Sehnsucht und ein Quäntchen Gefühlsduselei benötigt, damit der gelungene Schmachtfetzen eines Walzertraums nicht gleich einen emotionalen Zuckerschock erleidet. 

 

Diana Damrau beherrscht diese Gratwanderung ganz ausgezeichnet. Sicher in den exponierten Höhen, leicht duftig und sehr blumig klingend, balanciert sie geschmeidig, kontrolliert und mit Bedacht auf dem zarten, sehr zerbrechlichen orchestralen Klangteppich, der sich aus besonders pastellig glänzenden Klangfarben zusammensetzt. 

 

©Simon Fowler / Diana Damrau

Sofort träumt man sich mit der Sopranistin in eine Welt, in der einfach alles heil, schön und sorgenfrei scheint. Oft wird genau dieser Umstand an der Operette bemängelt, häufig sogar stark kritisiert, denn was sie nicht anbieten kann, ist das tiefenpsychologische Drama!

 

Vielmehr sind es die einfachen Freuden des Lebens, der naiv sprudelnde Optimismus und die unbekümmerte Leichtigkeit des Seins, die sich vielleicht sogar auf banal-oberflächliche Art musikalisch Luft machen.

 

In Zeiten wie diesen kommt die Damrau mit den unvergesslichen Hits des goldenen Operettenzeitalters deshalb genau richtig.

 

Am richtigen Ort zur richtigen Zeit, auch wenn die Opernpuristen darüber konsterniert ihre Köpfe schütteln mögen. Ein bisschen Spaß und vor allem ein wenig positiv stimmende Unterhaltung kann nie schaden, zumindest nicht fürs Gemüt.

 

Und so tanzen wir uns frohgemut von einer zauberhaften Operettenmelodie zur nächsten, schweben mit Paul Lincke, Emmerich Kalman, Franz Lehár und Carl Millöcker auf Wolke 7 der harmonisch-süffigen Operettenarien und lassen uns von der überschwappend locker perlenden und prickelnden Champagnerlaune entführen und verführen.   

 

Besonders heißblütig kocht Damraus Temperament bis zum Siedepunkt der Leidenschaft jedoch erst bei Franz Lehárs Arie "Hör ich Cymbalklänge" aus der Operette Zigeunerliebe hoch.

 

Heiß wie ungarisches Gulasch, explosiv und voller sprudelnder Impulsivität schnellen die flotten töne rasant in die Höhe. Unberechenbar, könnte man meinen, unkontrolliert, vielleicht sogar unbeherrscht. Aber nein, meine Herrschaften.

 

Diese Frau weiß ganz genau, was sie tut, selbst wenn sie den vokalen Salto Mortale ganz salopp ohne doppelten Boden riskiert. Was für eine äußerst mutige Luftakrobatin!

 

©Simon Fowler / Diana Damrau

©Simon Fowler / Diana Damrau

Risikofreude liegt eben in der Luft. Und Diana Damrau genießt sich allen Anschein nach mit Lust und Laune auf dieser Albumeinspielung. Aber das ist auch kein allzu großes Wunder.

 

Schließlich ist die Sopranistin eine Frohnatur, die mit ihrer funkelnden Stimme eine so natürliche Ausstrahlung an den Tag legt und noch dazu mit ihrer kecken, frechen und vielleicht sogar etwas unkonventionellen Art der Operette ihren eigenen interpretatorischen Stempel voll überschäumendem Esprit aufdrückt. Sie kann das, denn sie hat es alles in sich.

 

Und so macht absolut jede Arie auf diesem Album Spaß und verbreitet mit der Sopranistin gute Laune ebenso wie die drei Duette, die Damrau gemeinsam mit dem Startenor Jonas Kaufmann auf eine äußerst flirtive und charmante Art musikalisch zum Leben erweckt.

 

"Ein kleiner Flirt" - wer kann da schon widerstehen? Zärtlich säuselnd schaukeln sich Damrau und Kaufmann bei eben diesem kleinen Flirt von Erich Wolfgang Korngold voneinander berauscht harmoniesatt in den 7. Himmel hinein. 

 

Jonas Kaufmann, ganz Charmeur, gibt einen fantastischen Bonvivant, der mit Nonchalance und einem betörenden Timbre die Frau seines Herzens erobert. Mit reifem Klangschmelz, warmgolden schimmernd, aber dennoch elegant, lockt er Diana Damrau immer wieder aus der Reserve, bis aus dem kleinen Flirt, na, was wohl wird?

 

Mein absoluter Favorit ist jedoch das Duett aus der Operette "Im weißen Rössl" von Ralf Benatzky mit einem verzaubernd romantischen Titel von Robert Stolz "Mein Liebeslied muss ein Walzer sein".

 

©Simon Fowler / Diana Damrau

Tatsächlich! Genauso so und nicht anders sehe ich es auch, wenn ich diesen zwei göttlichen Stimmen lausche, die so perfekt miteinander harmonieren und sich gegenseitig zu absoluter Höchstleistung anstacheln. Merkt man, dass die Damrau und Kaufmann sich gut verstehen?

 

Man spürt zumindest die emotionale Energie, mit der sich beide gleichzeitig gesanglich in himmelhochjauchzende Sphären katapultieren. Halleluja, wenn zwei Engel singen, dann kann es nur Operette sein! 

 

Während also für Diana Damrau und Jonas Kaufmann ein Liebeslied ganz klar ein Walzer sein muss, überlege ich schon mal, ob nicht eine Neuverfilmung des Allzeitklassikers "Im weißen Rössl" eine geniale Idee wäre, sozusagen neu aufgelegt mit Diana Damrau als Rössl-Wirtin und mit Jonas Kaufmann als Oberkellner Leopold.

 

"Aber meine Herrschaften, ich bitt´ Sie, bleiben´s doch ruhig!" 

 

Nicht auszudenken, wenn mal wieder ein Operettenfilm starbesetzt in die Kinos käme, oder?

 

Völlig berauscht oder vielmehr benebelt von emotionalen Höhenflügen lasse ich meinen Hörgenuss noch ein Weilchen weiterschweifen, (der Gedanke an die Neuverfilmung lässt mich nicht mehr los) denn da gibt es auch noch die französischen Operettenarien, die mir ehrlicherweise so rein gar nichts sagen.

 

Prickelnd, flott und champagnerperlend ist auf jeden Fall schon mal die Arie "Bien Chapeaute" von Henri Cristine, in der Diana Damrau gesanglich erst so richtig heiß laufen darf. Schnelle, zackige Läufe, spritzig perlende Koloraturen, dass die Champagnerkorken nur so knallen.

 

Und eine herzlich lachende Diana Damrau. Nun, schließlich hat sie auch was zu lachen, denn die charmanteste CD-Neueinspielung, die uns am Jahresende ganz beschwingt und heiter ins neue Jahr bringen wird, ist definitiv Wien - Berlin - Paris - und natürlich der Champagner, der sowieso an allem schuld ist!


©Simon Fowler / Diana Damrau / Erato

OPERETTEN-REPERTOIRE:

 

Robert Stolz: Du sollst der Kaiser meiner Seele sein - "Der Favorit"

Paul Lincke: Schlösser, die im Monde liegen - "Frau Luna"

 

Franz Lehár: Wär es auch nichts als ein Traum im Glück - "Eva", Warum hast du mich wachgeküsst  "Friederike", Liebe, du Himmel auf Erden - "Paganini", Hör ich die Cymbalklänge -  "Zigeunerliebe"

 

Erich Wolfgang Korngold: Ein kleiner Flirt - "Lied der Liebe"

Emmerich Kalman: Liebe, ich sehn mich nach dir "Die Faschingsfee"

Robert Stolz: Mein Liebeslied muss ein Walzer sein  "Im weißen Rößl"

Carl Millöcker: Ich schenk dir mein Herz "Die Dubarry"

Richard Heuberger: Gehen wir ins Chambre separee  "Der Opernball"

Francis Lopez: Ca fait tourner la tete  "Andalousie"

Johann Strauss II: Wo die wilde Rose erblüht  "Das Spitzentuch der Königin"

 

Andre Messager: Rossignol, tout comme autrefois  "Monsieur Beaucaire", J'ai deux amants  "L'amour masque"

 

Paul Abraham: In meinen weißen Armen - "Ball im Savoy"

Henri Cristine: Bien chapeaute - "Phi-Phi"

Oscar Straus: Ich bin eine Frau, die weiß, was sie will - "Manon"

 

Künstler: Diana Damrau, Jonas Kaufmann, Elke Kottmair, Emily Siera, Münchner Rundfunkorchester, Ernst Theis

Label: Erato


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